Motorrad

1978 brachte Yamaha die XS 1100 auf den Markt.
Sie war nicht nur das schnellste, sondern auch das
schwerste Motorrad in ihrer Klasse. Mit 286 kg und 95 PS
war der Brummer damals „The King“ unter den Big Bikes. Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Werk


King of the Road: Yamaha XS 1100 
(Foto: Werk)

In der Zeit, als die „Dinosaurier“ unter den Automobilen ausstarben, kam der „Big Bike“ Boom erst richtig in Schwung. Ende der siebziger Jahre überboten sich die japanischen Motorradkonstrukteure in einem nie geahnten Leistungs- und Gewichtswettrüsten. Erstmals überschritten die Triebwerke die 100 PS Schallmauer, und unter fünf Zentner war keines dieser Bikes zu haben. Von Honda gab es die absolute Traum-Maschine, die CBX 1000 mit 105 PS Sechszylinder-Motor. Suzuki hatte mit der 90 PS starken GS 1000 ein heißes Eisen im Feuer, und die Kawasaki Z 1000 stand mit ihrem 90 PS-Triebwerk ebenfalls gut im Futter. Als vierte im Bund setzte Yamaha Anfang 1978 mit der neuen XS 1100 noch eins oben drauf. Fahrfertig brachte das Vierzylinder-Flaggschiff 286 kg auf die Waage, das bärenstarke 95 PS-Triebwerk sorgte für ordentlichen Vorschub. Flach liegend kletterte die Tachonadel auf über 220 Sachen. Im Sprint ließ sie die Konkurrenz im Regen stehen, von 0 bis 180 km/h vergingen gerade mal 13 Sekunden.


(Foto: Werk)

Als konsequente Weiterentwicklung der seit 1976 produzierten Dreizylinder-XS 750 verfügte auch die 10.050 Mark teure XS 1100 über einen tourenfreundlichen Kardanantrieb. Optisch wirkte die 1100er Vierzylinder-Yamaha groß und gewaltig. Verantwortlich hierfür waren die stabilen Gussräder, der große Rechteckscheinwerfer, das ganz in Schwarz lackierte Triebwerk, der wuchtige Tank und die geräumige Sitzbank, die zur Reise bis ans Ende der Welt geradezu einlud. Und genau für solche Touren war die XS 1100 der richtige Partner! Mit 200 kg Zuladung ließ sich der Reisedampfer ordentlich bepacken und mit zwei Personen jedes Ziel ansteuern. Je nach Zuladung konnte man das Fahrwerk individuell abstimmen. Die Federbeine waren fünffach und die Federvorspannung in der Telegabel dreifach verstellbar. War der Brocken erst einmal am Rollen, zeigte er sich sogar ausgesprochen handlich. Vergessen war das hohe Gewicht, das beim Rangieren allerdings einige Kraftanstrengungen erforderte.



Getrübt wurde das Bild des ansonsten sehr ausgewogenen Boliden jedoch durch das etwas störrisch schaltbare Getriebe und die Lastwechselreaktionen vom Kardanantrieb. Auch neigte die XS 1100 bei hohem Tempo in langgezogenen Autobahnkurven mit Bodenwellen zum Pendeln, und bei nasser Fahrbahn war zu besonders vorsichtiger Fahrweise geraten. Schuld daran waren die serienmäßig montierten Bridgestone Reifen. Eine deutliche Verbesserung des Fahrverhaltens bei trockener und nasser Fahrbahn bewirkte die Umrüstung auf Metzeler oder Michelin Pneus.

Kraftmeier: XS 1100 Motor 

Rundherum gesehen war die XS 1100 eine ideale Reise-Maschine mit hoher Zuverlässigkeit. Bis Ende 1983 blieb sie im Yamaha-Programm und wurde danach von der FJ 1100 abgelöst. Von Anfang bis Ende der XS 1100 Modellserie waren keine nennenswerten Modifikationen erforderlich, was für die Ausgewogenheit dieser Maschine spricht.



Von der XS 1100 gab es zwei Sondermodelle. 1979 stellte das Werk die XS 1100 Martini vor. Dies in limitierter Auflage gebaute „Prestige-Überbike“ war mit einer zweiteiligen Vollverkleidung veredelt worden, wog nun 304 kg und kostete 12.556 Mark. Anfang der achtziger Jahre war die Nachfrage nach sportlichen „Super Bikes“ enorm. Yamaha erkannte die Zeichen der Zeit und erweiterte 1981 die Modellpalette mit der 10.758 Mark teuren XS 1100 S, oder kurz XS 1.1 S. Das „S“ stand für „Sport“. Von der „Martini“ ließen sich bei uns 274 und von der „S“ 320 Maschinen verkaufen. Mit 6071 Einheiten war jedoch die XS 1100 das begehrteste Modell in dieser Baureihe.
XS-Sondermodelle 
„Martini“

XS 1.1 S „Sport“


Für die Gespannfraktion: XS mit Seitenwagen
Yamahas Big-Bike und „Mini-Crosser“